Donnerstag, 19. Dezember 2019

Throwback to Tansania 2018


Ich habe mir grade mal wieder mein Reisetagebuch aus Tansania durchgelesen und war erstaunt, was für eine unfassbar positive Stimmung das in mir ausgelöst hat. 
Ich musste über so viele lustige und verrückte Situationen schmunzeln, die ich gar nicht mehr im Kopf hatte.
Es waren einfach zwei so spannende, interessante, lehrreiche und lustige Wochen, in denen wir sehr viele tolle Erfahrungen machen durften.

Wenn ich so zurück denke kommen mir drei Sachen direkt in den Sinn.

Als erstes die verdammt coolen Leute, die wir kennengelernt haben und die Freundschaften, die wir geschlossen haben. Alle Gastfamilien waren sehr aufgeschlossen, offen und hilfsbereit. Aber auch andere Mitglieder der Gemeinde in Temeke, die nicht direkt in den Austausch involviert waren, haben uns mit offenen Armen empfangen und alles dafür getan, dass wir eine schöne Zeit hatten. 
Diese Stimmung und der Umgang mit uns aber auch untereinander haben mich echt fasziniert. Jeder hat zu jedem gehalten, es gab keinen Streit oder Lästereien und wenn mal jemand (mein Gastvater) ausversehen seinen Autoschlüssel im Auto eingeschlossen hat, dann war das so und dann wurde dem einfach so ohne großen Aufstand geholfen. 
Die Gemeinde wirkte auf mich wie eine riesengroße Familie, in der jeder so respektiert wird wie er ist und wo es keine Rolle spielt, wie jemand aussieht, wie viel Geld er hat oder wo er herkommt. 
Was uns jedoch vorher bereits erzählt wurde und was wir auch in vorsichtigen Gesprächen gemerkt haben ist, dass Homosexualität dort leider ein sehr schwieriges Thema ist, da sie von einem Großteil der Gesellschaft nicht akzeptiert wird und der Staat homosexuelle Handlungen sogar bestraft. 
Abgesehen von der Einstellung zur Homosexualität können wir Deutschen uns aber ne Menge von den Tansaniern abschauen, vor allem was das Urteilen über andere an Hand ihres Aussehens, ihres sozialen Status oder ihrer Herkunft und die generelle Einstellung gegenüber Fremden und Unterschieden betrifft.

Das zweite was mir direkt einfällt, ist das Zeitmanagement der Tansanier. Eine deutsche Stunde sind mindestens zwei tansanische Stunden und ich übertreibe nicht, das ist noch pessimistisch geschätzt. So richtig gespürt haben wir es das erste Mal, als uns gesagt wurde, dass wir ungefähr acht Stunden nach Arushabrauchen werden und wir letztendlich….ja…genau…16 Stunden gebraucht haben. Zu dieser Fahrt gibt es noch eine lustige Anekdote, wir waren glaube ich knapp 30 Leute und der Bus war klein, sehr klein. Mathis Kommentar war nur: „So dürfen noch nicht mal Schweine transportiert werden“. 

Und damit wären wir auch schon beim dritten Thema: die Verkehrslage in Tansania. 
Ja gut, hätte ich nicht nachgefragt, hätte ich gedacht, dass es dort sowas wie den Führerschein nicht gibt. 
Gefühlt hat nämlich immer der Vorfahrt, der entweder am größten oder am lautesten ist, wahrscheinlich ist dem auch so.

Natürlich haben wir nicht nur sehr viele super Menschen kennengelernt, sondern haben mit ihnen auch eine Menge erlebt. Wir haben zum Beispiel einige historische Orte (Bagamoyo, Sansibar) sowie Museen und Ausstellungen gemeinsam besucht, in welchen wir sehr viel über die Geschichte und die Kultur Tansanias erfahren konnten. Die Kultur konnten wir dazu ja auch noch live miterleben.
Wir lernten typisch tansanische Gerichte, traditionelle Tänze, Gewohnheiten, das Leben in der Gemeinde und noch vieles mehr kennen. Ich erinnere mich noch gut daran, wie wir mit unseren Gastfamilien einen Gottesdienst besuchten (die Tansanier gehen jeden Sonntag in die Kirche). Dort wurde noch einmal richtig deutlich wie wichtig Religion und Kirche in Tansania sind. Die Kirche war rappelvoll, alle waren festlich in frohen Farben gekleidet und der Gottesdienst lebte von Musik und Tanz und natürlich einer Predigt. Wir hatten auch einen kleinen Gastauftritt, in welchem wir unser Gesangstalent präsentieren durften.. neben den Tansaniern sahen wir echt schlecht aus, aber wir haben unser Bestes gegeben. Nach dem Gottesdienst waren wir außerdem in der Sunday school, wo wir ein paar Geschenke an die Kinder verteilten und die Kinder für uns gesungen haben.






Zu unseren Erlebnissen gehören auch noch einige Ausflüge.
In Arusha haben wir zwei Nächte verbracht. Von dort aus haben wir dann einen Tagesausflug in den Ngorongoro Nationalpark gemacht, wo wir auf Safari gegangen sind. Das war echt ein wahnsinnig spannendes Erlebnis. Wir haben Elefanten, Zebras, Flamingos, Löwen, Nilpferde, Warzenschweine, Hyänen, Büffel, Gazellen und noch viele weitere Tiere aus nächster Nähe und in ihrer freien Wildbahn beobachtet. Einmal standen z.B zwei Löwen fünf Meter von unserem Jeep entfernt, da wurde einem schon ganz anders.





Dann waren wir ja noch auf Sansibar. Die Reise mussten wir fast ohne unseren Seba antreten, weil entweder er oder sein Reisepass keine Lust auf Sansibar hatte. Jedenfalls flog sein Reisepass auf einmal von der Brücke, die auf die Fähre führte, ins Meer und schwamm dann halt vor sich hin. 
Im Folgenden wurden dann Leute, die dort arbeiteten, durch unsere panischen Hilferufe „the passport is swimming in the water“ darauf aufmerksam und fischten den Reisepass erfolgreich aus dem Wasser. Und so startete das Abenteuer. 



Zuerst muss gesagt werden, dass wir anstatt den geplanten dreieinhalb Tagen Aufenthalt auf Sansibar letztendlich gezwungenermaßen fünf Tage dort verbrachten, da die Fähren auf Grund eines Unwetters nicht fuhren. Dies war an sich nicht allzu schlimm, weil Sansibar traumhaft schön ist. Was jedoch schade war, war, dass wir dadurch ganze eineinhalb Tage weniger in unseren Gastfamilien verbringen konnten und einige Teile des Programms wegfielen bzw. gekürzt werden mussten.

Trotzdem haben wir es dort sehr genossen. An einem traumhaften Strand mit weißem Sand und hellblauem Wasser direkt hinter unserem Hostel, bot sich uns die Möglichkeit, ein wenig runterzukommen und zu entspannen. 
Zudem erkundeten wir an einem Tag die Stadt Stone Town, wo wir unter anderem an Freddie Mercurys Geburtshaus vorbeikamen. Außerdem erfuhren wir ein wenig über die Geschichte: Stone Town war früher der Mittelpunkt des ostafrikanischen Sklavenmarktes.
Sansibar ist auch bekannt für seine Gewürzplantagen und so durfte der Besuch einer Gewürzplantage natürlich nicht fehlen.
Am 5. Tag auf Sansibar hatten wir dann noch ein spannendendes Erlebnis: Wir flogen mit einer Propellermaschine zurück nach Dar Es Salam, weil die Fähren immer noch nicht fuhren und unser Flug nach Deutschland am nächsten Tag ging.



Am Tag, an dem wir abends zurück nach Deutschland geflogen sind, besuchten wir schließlich noch den Mtoni Health Center und den ,,Kirchenkreis“ von Dar Es Salam. 
Der Mtoni Health Center ist eine Gebärstation. Diese wurde errichtet, damit Frauen unter ärztlicher Aufsicht und unter hygienischen Bedingungen gebären können, denn in Tansania sterben sehr viele Frauen und Kinder bei Geburten.
Beim ,,Kirchenkreis“ von Dar Es Salam trafen wir dann auf eine deutsche, aus dem Iran stammende, Swahili sprechende Frau, welche später im Gespräch zwischen uns und den Leuten vom Kirchenkreis übersetzte. Dort sprachen wir vor allem über Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen der Organisation von Kirche in Deutschland und in Tansania. Außerdem wurden wir ein wenig durch das Gebäude geführt, wo es eine Zeitungsredaktion, ein Fernsehstudio und einen Radiosender gab. 

Am Abend gab es dann ein letztes gemeinsames Essen und Beisammensein aller am Austausch Beteiligten an der Kirche, bevor wir dann noch einmal Zeit in unseren Gastfamilien verbringen konnten. 
Diese brachten uns dann später auch zum Flughafen, wo allen der Abschied sichtlich schwer viel. Mit dem Gefühl einer schönen Zeit und der Hoffnung, dass dies nicht die erste und letzte gemeinsame Zeit war, stiegen wir letztendlich alle, in den Flieger zurück nach Deutschland. 
Im Gepäck hatten wir eine Menge spannende, anregende und interessante Gespräche und Diskussionen sowie unvergessliche Momente und Erfahrungen aus Tansania. 
Das wichtigste in unserem Gepäck waren und sind jedoch die Freundschaften, die wir dort geschlossen haben.



Wibke
  


Mittwoch, 31. Oktober 2018

Eindrücke und was es sonst noch zu sagen gibt – meine tansanische Geschichte

Blaues Wasser und weißer Strand – aber keiner schwimmt
Viele Autos – aber fast keine Straßen
Viele Menschen – aber keine Adressen
Eine riesige Stadt – aber keiner kommt zum shoppen
32 Grad und Sonnenschein – und doch ist es kein Urlaub…

Nein, viel mehr ist es eine Erfahrung – eine Erfahrung, die mich am Ende unserer Reise erkennen ließ,
dass uns nicht die Dinge ausmachen, die wir haben, dass es nicht der Reichtum ist, der uns zu dem
macht wer wir sind – es sind unsere Erfahrungen, unsere Offenheit und viel mehr die Erkenntnis,
dass Glück soviel mehr bedeutet, als ein riesiges Frühstücksbuffet oder ein eigenes Auto. Das Glück
liegt in so vielen kleinen Dingen.
Vor Reisebeginn habe ich mir viele Gedanken gemacht. Eine Reise in ein „dritte Welt“ Land – einen
Ort mit geringer medizinischer Versorgung, andere Ess- und Lebensgewohnheiten. Was packe ich
ein? Was nehme ich mit? Medikamente, lange Hosen, T-Shirts, einen Pulli, Sandalen, feste Schuhe
und mein Waschzeug. Die Aufregung und die Bedenken waren meine Begleiter auf der Hinreise.
Krankheit, Unterkunft, Hygiene. Alle meine häuslichen Standards stellte ich in Frage. Aber ich war
sicher, genügend vorgesorgt zu haben. Meine erste Reise mit der ev. Jugend Frömern und doch
waren wir immer ein Team. Viele Charaktere und neue Freundschaften.
Heute kann ich sagen, dass die Reise mir einen ganz neuen Blick auf meine Welt verschafft hat.
Erinnerungen, die hoffentlich noch lange Zeit meinen Lebensweg begleiten werden.
Vom ersten Tag an habe ich gelernt das Land und seine Bewohner immer mehr begreifen zu lernen.
Freundschaft bedeutet Zusammenhalt, Rücksichtnahme, Herzlichkeit und Sicherheit. Sei es das erste
Gebet am Flughafen, eine herzliche Umarmung an jedem Tag, unzählige Gespräche, die einen immer
tieferen Einblick in das dortige Leben ermöglichten oder ein wachsames Auge. Jeder von uns war
nicht nur einfach ein Besucher – nein, wir waren von Anfang an Teil der Familien – Brüder und
Schwestern.
Ich hatte nicht einen Moment in dem ich mich allein gefühlt habe. Ich habe eine kleine Schwester (7)
und einen kleinen Bruder (9) bekommen. Zwei unheimlich bezaubernde Kinder, die mich die Welt
plötzlich ganz anders sehen ließen. Eine Tafel Kinderschokolade und ein Malbuch machten ihren Tag
einfach vollkommen. Leuchtende Augen und eine riesige Freude über unsere Anwesenheit waren
jeden Tag wieder überwältigend.
Ein sehr einprägendes Erlebnis war der Besuch der Sunday-School. Meine neuen Geschwister waren
auch Teil des Unterrichtes dort. Wir brachten allen Kindern Luftballons mit. Viele von uns pusteten
welche auf – für jedes Kind sollte es mindestens einen Luftballon geben. Doch dann passierte das
Unerwartete. In meinem „deutschen Denken“ ist der Luftballon einfach ein Luftballon – ein
gummiartiger mit Luft gefüllter Ball, der schwerelos durch die Luft gleitet, ein Alltagsgegenstand, der
doch so oft in meinem Leben vorkam. Für diese Kinder war ein Luftballon viel mehr – etwas ganz
Besonderes. Für manche war es etwas, was sie nur selten oder noch gar nicht kannten, einfach etwas
mit dem sie unglaublich toll spielen konnten und es einfach in ihrem alltäglichen Leben nicht gibt –
keine Luftballons an Geburtstagen, keine Luftballons auf einer Kirmes. Dieser gummiartige mit Luft

gefüllter Ball war ein absolut großartiges Erlebnis für alle dieser kleinen Wesen und wir standen
mitten in diesen vielen kleinen Menschen, für die wir die Helden waren – aufgrund von Luftballons.
Leuchtende Augen, so viele lachende Kinder, unzählige „high five´s“ – ich war Teil von einem kleinen
ganz großen Glück. Ein unvorstellbares Gefühl, dass es heute noch zu begreifen gilt – und mitten in
all diesen Erlebnissen meine neue kleine Schwester, die so stolz war, mich zu kennen.
Ich habe auch noch einen weiteren Bruder (36) bekommen. Ich erinnere mich nicht nur gerne an
seinen Geburtstag, sondern auch an sehr tiefreichende Gespräche. Ein Gespräch hat mich sehr
berührt. Homosexualität – „It doesn`t exist in tanzania“ – ein Satz, der eine unumgängliche Wertung
enthält. Er berichtete, dass es Liebe unter Gleichgeschlechtlichen nicht gibt und dass er zwar weiß,
dass es Menschen gibt, die es heimlich doch tun, doch hier in diesem Land ist es nicht gestattet. Es ist
ein Verbrechen und man kommt ins Gefängnis. Wir erzählten von Deutschland; erzählten, dass es
normal ist. Wir erzählten, dass Männer Männer und Frauen Frauen lieben und das auch dürfen. Das
es normal ist sich zu zeigen, ein Haus zu bauen, Kinder zu adoptieren, Hand in Hand durch die
Straßen zu gehen – dass jeder den Menschen an seiner Seite haben darf, den er liebt und das
Geschlecht keine Rolle spielt und sogar eine Hochzeit möglich ist. Ungläubig und mit Tränen in den
Augen sah er uns an und das einzige was er sagte war: „And you all life together in peace?“ Und ich
entgegnete „Yes, of course“. Und er wiederholte seine Frage nochmal und wir bestätigten es, dass es
einfach möglich sei. Er ist 36 Jahre alt und es war für ihn kein Unding was wir ihm erzählten, vielmehr
war es so, als ob wir von einer Welt erzählten, an die er noch nie gedacht hat. Ein magischer
Moment, der mir wirklich unter die Haut ging. Ein Mensch in meinem Alter, der mich fragte, ob wir
alle in Frieden zusammenleben.

Nun sitze ich wieder zu Hause, im Wohnzimmer auf der Couch, aber diese Reise lässt mich nicht los.
Viele Fragen in meinem Kopf – ein 9-jähriger kluger Junge – hätte er hier bessere Chancen, wäre er
hier glücklicher? – ein 36-jähriger junger Mann – würde er hier jemand anderen Lieben?
Ich habe keine Antworten auf all diesem Fragen, aber ich weiß, dass diese Menschen – meine
tansanische Familie - glücklich sind. Glücklich in ihrem kleinen Haus, mit einer Dusche mit kaltem
Wasser, einem Ventilator, Weißbrot und Honig zum Frühstück, mit Möbeln, die mich an die Möbel
meiner Oma erinnern. Sie brauchen kein Auto, keine Markenklamotten, keinen akkuraten Garten,
keine Waschmaschine oder ein magnetisches Kochfeld. Sie sitzen jeden Abend zusammen, schauen
Fernsehen, unterhalten sich oder bereiten das Essen für den kommenden Tag vor. Sie sind
zusammen und sie sind glücklich.
Die erste warme Dusche nach Ankunft, meine große Pizza Salami, unser Sofa und ja, auch das
Toilettenpapier waren für mich riesige Freuden als ich Heim kam. Ich stand in unserem kleinen
Zuhause mit dem Mann an meiner Seite, den ich über alles liebe, hielt am nächsten Tag mein
Patenkind und meine besten Freunde in den Armen, ich habe mit meiner Familie gesprochen und
selbst jetzt freue ich mich über genau diese kleinen Dinge, die mein Leben so vollkommen machen,
sie sind Teil meines persönlichen ganz großen Glücks und diese Reise hat mir ganz klar gezeigt wie
wertvoll all diese Menschen und mein Zuhause für mich sind.

Cristien




Fwd: Nachtrag: Entdeckung eines Paradieses am 23.10.

Heute war Ausschlafen angesagt: um halb zehn gab es ein leckeres Frühstück mit frischem Obst. Nach einer Abkühlung im Pool und einem frühen Mittagessen haben sich die meisten mit dem Bus in Richtung Gewürplantagen und Stone Town aufgemacht.

Bei der Führung durften wir viele Gewürze erriechen & erschmecken (sofern sie nicht giftig waren) und waren erstaunt, wie sie ungemahlen aussahen und wo sie genau wachsen. Nach einer Kokosnuss-Kletter-Show konnten wir viele exotische Früchte probieren. Mit Gewürz- und Seifensouveniers ging es dann Richtung Stone Town.

In Stone town sind wir dann auch von unserem Guide durch die kleinen und engen Gassen geführt worden und haben den täglichen Fisch- und Fleischmarkt besucht (etwas gewöhnungsbedürftig aber zum Schauen echt der Hammer). Uns wirde auch das Geburtshaus von Freddy Mercury gezeigt. Nachddem wir durch verschiedene Missverständnisse doch den Bus gefunden hatten machten wir uns auf den Weg zurück zum Hotel. Dort wurde schon auf uns gewartet, da wir wie immer etwas zu spät waren (die tansanische Zeitrechnung ist doch einfach eine andere). Im Hotel warteete dann aber ein schönes und leckeres Abendessen auf uns. Den Abend haben wir dann gemütlich ausklingen lassen.

 

Bis dahin eure

Bebe & Marie, Kathi & Lara

Die Sache mit der Zeit

Die ersten zwei Tage hatte ich gar keine Zeit zu vermissen. Und ich meine nicht die ersten zwei Tage in Tansania, sondern wieder hier in Deutschland.

Zeit war etwas, was uns die ganze "Zeit" über begleitet hat auf Tansania. Entweder verlief sie wie im Flug, wie bei den unzähligen tollen Erlebnissen auf Sansibar, mit unserer Gastfamilie oder auch auf unserer Safari. Oder sie war so zähflüssig, dass wir dachten sie geht nie vorbei, wie diese "wunderbare" Busfahrten nach Arusha und zurück oder die Wartezeit, bis es endlich los ging. Die Uhren laufen in Tansania halt etwas gemächlicher.

Kaum Zeit hat hingegen das ins Herz schließen beansprucht. Das liebevolle Umsorgen unserer Gastgeber die Leichtigkeit, wie sie mit uns agiert haben, war einfach wunderbar. Da brauchte es wirklich nicht lange für das verlieben. Ja ich würde es wirklich verlieben nennen. Wenn uns etwas passiert ist, waren direkt immer Menschen zu Hilfe, die ihre Hilfe bereit stellten. Wenn wir Fragen hatten oder auch nur eine Kleinigkeit kaufen wollten, war direkt jemand zur Stelle. Nicht nur von den Erwachsenen, die uns in ihre Familien aufgenommen hatten, sonder auch von den Jugendlichen, die uns auf den Ausflügen begleitet haben.

Kein Wunder, dass mir der Abschied in Dar Es Salam sehr schwer gefallen ist, wenn man sich so geliebt Fühlt. Meine Gastmutter Julieth sagte einen Abend am Esstisch zu uns "Hier bei mir habt ihr eine zweite Familie gefunden!". Doch erst jetzt begreife ich, wie weitreichend diese Aussage ist. Es liegt ein Versprechen darin: Ich werde immer zu ihr kommen können und sie wird immer zu mir kommen können, egal wie es grade bei uns ist. Doch für diese Erkenntnis brauchte ich Zeit.
Und Zeit zum zurückkehren, werde ich auch noch finden.

Annika

Montag, 29. Oktober 2018

Nachtrag: Der letzte Tag (26.+27.10.)

An unserem letzten Tag hatten wir aufgrund des unfreiwillig verlängerten Aufenthalts auf Sansibar einiges nachzuholen. Dennoch ging der Tag mit einem entspannten und leider schon letzten Frühstück in den Gastfamilien los. Um 10 Uhr trafen wir uns dann an der Kirche, um von dort aus zum Health Care Center zu fahren. Wir schauten uns dort die Hebammenstation an, welche von der Kirche aufgebaut wird und Ende November eröffnet werden soll. Mit deutschen Geburtsstationen ist diese was Räumlichkeiten und das medizinische Drum und Dran angeht nicht zu vergleichen. Dennoch ist die Station den Menschen vor Ort eine große Hilfe, da die Patienten nicht so viel Geld für eine Behandlung zahlen müssen wie in den staatlichen Krankenhäusern.
Nach dem Besuch im Health Care Center ging es weiter zur Diözese. Beim Hineingehen trafen wir dort zufällig auf eine deutsche Dame, die seit einem halben Jahr dort arbeitet und fließend Swaheli sprach. Dieser Zufall sollte nicht ungenutzt bleiben. Die nette Frau begleitete uns bei unserem Besuch und übernahm hier und da die Rolle einer Dolmetscherin.  Wir wurden zunächst ausführlich begrüßt und durften uns einzeln vorstellen. Anschließend schauten wir uns die Räumlichkeiten an. Dazu zählte ein neu eingerichtetes Fernsehstudio, das in Kürze in Betrieb genommen werden soll, um der Bevölkerung durch das Fernsehen zu ermöglichen Gottesdienste zu schauen, Gospelgesänge zu hören und einiges mehr. Außerdem schauten wir uns das Radio-Studio und die Zeitungsredaktion an. Danach ging es dann ENDLICH zum Lunch (einige aus der Gruppe wären beinahe des Hungertodes gestorben..). Dort gab es ganz klassisch Hähnchen, Fisch, Pommes, Reis und Ugali. 
Nach dem Lunch ging es dann wieder zurück zur Kirche. Hier konnten wir den letzten Nachmittag ganz in Ruhe ausklingen lassen. Durch nette Gespräche ging die Zeit bis zum BBQ sehr schnell vorbei. Schwupps war es auch schon dunkel und unser letzter Tag im wunderschönen Tansania war beinahe rum. Das letzte Abendessen stand an und wir sahen nochmal viele Menschen wieder, die uns in den letzten zwei Wochen begegnet sind. Die jungen Tansanier, die mit uns auf Safari waren, unsere Begleiter auf Sansibar und viele Menschen bei unseren Tages-Trips in Dar (wie die Einheimischen sagen) dabei waren. Zum Essen gab es Innereien-Suppe, jede Menge Fleisch und auch Salat und Kartoffeln. Es war ein sehr gemütliches Beisammensein, mit einer guten aber auch leicht wehmütigen/emotionalen Stimmung. Viele Gedanken, die uns durch den Kopf gingen, eine Mischung aus Erleichterung (bald geht es nachhause), Dankbarkeit (für die Begegnung mit vielen wundervollen Menschen), Traurigkeit (dass die Zeit so schnell vorbei ging)  aber auch Freude (über die tollen Erlebnisse und natürlich auf zuhause).
Nach dem BBQ ging es für die meisten von uns zurück in die Gastfamilien, um die letzten Sachen zu packen und in unserem Falle noch 1-2 Weinchen zu uns zu nehmen und mit unseren afrikanischen Freunden zu tanzen. 
Der Abschied am Flughafen war lang, tränenreich und trotzdem absolut schön. Es ist schon erstaunlich wie sehr einem Menschen innerhalb von zwei Wochen ans Herz wachsen können. Nach ungefähr 1000 Umarmungen und Abschiedsworten mussten wir dann leider irgendwann durch die Sicherheitskontrolle und und uns durch ein letztes Winken von unseren neu gewonnen Freunden verabschieden. 
Die Rückreise nach Istanbul verlief dann bei den meisten von uns schlafend. In Istanbul angelangt gab es eine kleine Reflexion in der Gruppe, wo wir unsere Befürchtungen und Erwartungen noch einmal aufgreifen konnten sowie uns bewusst machen sollten was wir aus den letzten zwei Wochen mitgenommen haben. 
Und so ging unsere Rückreise dann auch flugs um und wir fanden und bei Dunkelheit und in einer Eiseskälte zunächst am Düsseldorfer Flughafen und dann am Kamener Bahnhof wieder, wo einige schon sehnsüchtig von ihren Eltern/Freunden/Kindern erwartet wurden. 

Euer Froemeke Blog Team 

Sonntag, 28. Oktober 2018

Nachtrag: Donnerstag 25.10 - Verspätete Rückkehr aus dem Paradies

Donnerstag, 25.10.: (Verspätete) Rückkehr aus dem Paradies

Den Tag startete wie die anderen hier um 9.30 Uhr mit einem fruchtigen Frühstück.
Danach wurde das Gepäck startklar gemacht und die Zimmer geräumt.
Einige fuhren mit dem Taxi durch den Regen nich einmal zum Shoppen/Souvenirs kaufen,auch um sich die Zeit bis zum Flug zu vertreiben. Andere brachten derweil Stanley das Schwimmen im Pool und im Indischen Ozean bei. Und wiederum andere überbrückten die Zeit mit Spielen und Sandwiches.
Nach wenigen tansanischen Minuten machten wir uns durch riesige Pfützen auf den Weg zum Flughafen. Im strömenden Regen checkten wir ein und gaben unser Gepäck auf. Nach 3 Stunden Warten und einem Gang übers große Rollfeld erreichten wir unsere Propellermaschine. Kaum abgehoben landeten wir auch schon, Dar es Salam hatte uns wieder. Müde und hungrig ging es dann durch das abendliche Dar es Salam zur letzten Nacht in die Gastfamilien.
Noch ein Tag und dann ist unsere aufregende Zeit in und mit unserer Partnergemeinde Temeke leider schon vorbei.

Theresa & Esther mit Lars & René

Die Straßen von Dar Es Salam

Man muss nicht Springsteens Philadelphia hören, um bei einer Fahrt durch die Straßen Dar Es Salams eine melancholische Stimmung zu bekommen.

Springsteen singt
Ain't no angel gonna greet me.
It's just you and I my friend.*
Auf der einen Seite: Dass die Menschen dort allein seien, kann man nun wirklich nicht sagen. Die Straßen sind voll, übervoll mit Menschen & Leben! Gerade in den ärmeren Gegenden. Ob das jetzt per Definition (wer definiert?) Slums waren, was wir da gesehen haben? Es fühlte sich so an.

Es war jedenfalls immer etwas los. Hier standen Menschen und redeten, überall Hütten und Sonnenschirme in und unter denen, etwas verkauft, getauscht oder verhandelt wurde. Kinder spielten: Mit Fußbällen, mit umfunktionierten Dingen, mit Müll. An vielen Stellen brannte ein Feuer. Manchmal wurde darüber etwas gegrillt und gekocht und manchmal wurde Müll verbrannt. Nicht auszuschließen, dass mit Hilfe desselben Feuers auch mal zeitgleich beides passierte.
Nein, allein sind die Leute nicht. Weit weg sogar von "just you and I"! Vielmehr hatte ich das Gefühl, dass man hier niemals allein sein kann. Das deckt sich auch mit den Erfahrungen in den Familien: Viele Kinder, Eltern, manchmal Großeltern in einem Haus; mehr Betten als Schlafzimmer. Dazu teilweise Cousinen, Cousins, HaushelferInnen, ... immer was los. Privatsphäre, so kommt es mir im Nachhinein vor, ist ein seltenes Gut. Mindestens in Dar Es Salam, vielleicht ist das auch sinnbildlich für die Gesellschaft insgesamt dort. (Jetzt beginnen allerdings Mutmaßung und Interpretation.)

Auf der anderen Seite sind die Menschen in "Dar" sehr gläubig. Entweder christlich oder muslimisch. Nach allem, was ich beurteilen kann, hadern sie gar nicht so sehr mit ihrem Schicksal (hier meine ich vor allem Armut). Geben nicht Gott oder anderen Gesellschaften from outside die Schuld. Sie sahen - um ehrlich zu sein - nicht sonderlich unglücklich aus an diesen Orten und mit diesem Leben.
Ich fühle mich schlecht, wie auf einer verkackten Messerklinge, wenn ich beurteile und bewerte - was ich fast automatisch tu' - was meine Sinne dort wahrnehmen: Mit der mitteleuropäischen Überheblichkeit (weil ich ja meinen 'Standard' als Vergleichspunkt nehme(n muss)), mit der ich fast automatisch und wie angeboren auf Menschen in finanziell ärmeren Ländern mitleidig blicke. Und mit der Geborgenheit, die verlässlich fließendes Wasser, sortimentstarke Supermärkte und ein gut gefüllter Ordner mit Versicherungspolicen in mir hervorrufen.
Mitleid und der Vergleich mit der eigenen Geborgenheit, um nur mal zwei starke Gefühlsbereiche (oder besser -ketten) zu nennen. Es gäbe ein Dutzend weitere und überhaupt ist dieser Text schwer zu schreiben, ohne in einem Satz weitere Worte zu nutzen, die im Grunde wieder erklärt, eingeordnet oder diskutiert werden müssten... - es kann hier also alles nur unvollständig bleiben.

Zurück zu Bruce. Wo sind die Engel an diesen Orten? Wo ist Gott im Angesicht von so viel Glaube? Lässt Gott die Menschen hier - wie es auf den ersten Blick scheint - allein?
Die Menschen wirkten auf mich so, als hätten sie sich mehr als arrangiert: Es ist ihr Leben. Sie sehen nicht unglücklich aus. Sie machen das beste daraus. Das will und darf ich zumindest hoffen. (hier steht bewusst nicht "sie kennen es ja nicht anders" - denn das ist eine fiese, vielleicht zynische Floskel)

Als Christenmensch glaube ich auch nicht, dass Gott nicht an diesen Orten wäre. Ich glaube nicht, dass er die Menschen allein lässt. Er gibt ihnen Zuversicht und Hoffnung, wo wir Versicherungen und feste Öffnungszeiten benötigen. Und er hat sie gesegnet mit einer besonderen Form familiären Zusammenhalts. Vielleicht - das will ich eigentlich sogar stark hoffen - ist Gott hier sogar viel präsenter als an anderen Orten. Aber das ist für mich vielleicht schon gar nicht mehr richtig sichtbar.

Die Menschen geben sich Mühe, in ihrem Umfeld selbst ein Engel zu sein. Sie helfen einander, geben aufeinander Acht. Gerade in den Familien haben wir das am eigenen Leib gespürt. Genauso auf unseren Unternehmungen, wenn unsere tansanischen Freunde mal wieder sehr stark auf uns aufgepasst haben. It felt like God has sent his Angels.


Was bleibt also von diesem Bild auf den Straßen Dar Es Salams?
Die Menschen haben sich selbst. Und Gott.
Ansonsten schert sich aber scheinbar (so gut wie) niemand darum, was hier passiert.
Und damit gilt aus Sicht der Menschen - wenn sie ihren Blick aus ihrer eigenen Umtriebigkeit herausstrecken - irgendwie eben doch: it's just you and I.
From the outside no one cares.
Und das macht mich am Ende dann eben doch wieder traurig. Mitteleuropäische Überheblichkeit hin oder her.

Seba

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*In Springsteens Klassiker geht es um AIDS. Ehrlich gesagt haben wir über dieses Thema übrigens so gut wie nichts gehört. Ich persönlich nur in einem Satz unseres Gast-Cousins: "Malaria kills more people than AIDS."